Baustelle Verteilerring: Sind die Ampeln auf der Rheingaubrücke überflüssig?

Die Sanierung des Verteilerrings soll nächste Woche beginnen – nun wird Kritik an „Hessen Mobil” laut. Die Landesstraßenbaubehörde plant, die Rheingaubrücke bis Ende des Jahres teilweise auf eine Spur zu reduzieren. Zwei Ampeln sollen den Verkehr regeln – ein Nadelöhr entsteht, Staus werden befürchtet. Ein ausgewiesener Fachmann hat, wie jetzt bekannt wurde, diese Planung bereits vor Wochen als nicht sachgerecht bewertet: Die Ampeln, sagt er, seien überflüssig. Da Hessen Mobil nicht reagierte, geht er jetzt an die Öffentlichkeit – und will notfalls auch ein Gericht einschalten.
In den letzten Tagen wurden die ersten Leitbaken aufgestellt, dazu provisorische Ampelanlagen und Schilder mit Umleitungshinweisen. Sie kündigen eine Baustelle an, die den Verkehr in Hofheim in den kommenden Wochen und Monaten erheblich beeinträchtigen wird.
Der Verteilerring wird saniert, am 22. Oktober – gleich nach dem Gallusmarkt – will Hessen Mobil mit den Arbeiten beginnen. Im ersten Bauabschnitt soll die Straße vor dem Bahnhof bis Ende des Jahres komplett gesperrt werden. Das bedeutet: Autofahrer von und nach Marxheim können die Rheingaubrücke streckenweise nur einspurig nutzen – der Verkehr wird über eine Ampelanlage gesteuert. Autofahrer aus Richtung Marxheim werden dann nach links in den Verteilerring geführt, der in beide Richtungen befahrbar wird.
Es werden lange Wartezeiten und Staus befürchtet. Das muss nicht sein, sagt Torsten Kleipa. Im August schickte er einen Änderungsvorschlag an Hessen Mobil, der nachvollziehbar und vernünftig klingt. In aller Kürze: Kleipa schreibt, dass der Verkehr über die Rheingaubrücke durchaus in beide Richtungen weitergehen könnte – auf nur einer Spur. Denn die Straße sei in diesem Bereich breit genug.

Kleipa untermauert seinen Vorschlag mit Fotos und Berechnungen. Das klingt alles sehr vernünftig und überzeugend. Wir dokumentieren sein Schreiben deshalb ausführlich.
Doch wer ist der Mann eigentlich? Kennt er sich wirklich aus?
Wer bitte ist Torsten Kleipa?
Er arbeitete mehr als 45 Jahre in der Stadtverwaltung Kelkheim und ist seit Mitte des Jahres im Ruhestand. Seit 2003 war er Leiter des Ordnungsamtes und damit der Straßenverkehrsbehörde. Er schreibt: „Daher kenne ich die verkehrlichen Regelwerke und weiß, was möglich ist.”
Wir dokumentieren sein Schreiben auszugsweise im Wortlaut:
„Gravierendster Flaschenhals und letztlich ausschlaggebend für die Leistungsfähigkeit der Umleitung im 1. Bauabschnitt wird die Engstellensignalisierung am unteren Ende der Rheingaubrücke sein.
Die Haltlinien der Baustellenampeln sind in einem Abstand von gut 40 Metern zueinander vorgesehen. Da dort Radverkehr zulässig und gegeben ist, sehen die Richtlinien für Lichtsignalanlagen (RiLSA) eine Räumzeit von vier Metern pro Sekunde vor. Vielleicht könnte man bergab von fünf Metern und bergauf von drei Metern pro Sekunde ausgehen, dies ändert jedoch nichts an der Gesamtzeit.

An jede Grünzeit für den Fahrzeugverkehr schließt sich also eine Gelbzeit von drei Sekunden und eine Räumzeit von zehn Sekunden an, bevor der Gegenverkehr drei Sekunden gelb und dann grün bekommen darf. In jedem Umlauf gehen für Gelb- und Rotzeiten also 32 Sekunden verloren, während der kein Fahrzeug in die Engstelle einfahren darf.
Ich halte diese Engstellensignalisierung für komplett entbehrlich!
Zwischen den Bordsteinen ist an der engsten Stelle ein Abstand von 6,00 Metern gegeben. Diese Engstelle ist das obere Ende der Insel.
Schon am Fußgängerüberweg ist ein Abstand von 6,20 Meter gegeben. Am unteren Ende der Insel sind es sogar 6,50 Meter.

Diese Breite reicht für den Begegnungsverkehr zwischen PKW bequem aus. Busse und LKW müssen hart rechts fahren und im Fall von LKW/LKW-Begegnungsverkehr an der Engstelle muss halt Rücksicht genommen und ggf. kurz gewartet werden. Dies ist im weiteren Verlauf der Rheingaustraße (B 519) in der scharfen Kurve in Höhe der Einmündung Delkenheimer Straße seit jeher der Fall, ohne dass dort die Notwendigkeit einer Engstellensignalisierung gesehen wurde.
Hier zum Vergleich die Kreisstraße 786 zwischen Hofheim und Kelkheim-Münster. Einschließlich der Fahrbahnrandmarkierung ist eine Breite von lediglich 5,40 Metern gegeben. Dort gilt Tempo 80 und es gibt Begegnungsverkehr zwischen Linienbussen.“

Torsten Kleipa gibt in seinem Schreiben an Hessen Mobil, das er bereits Ende August abschickte, noch weitere konkrete Tipps, damit der Verkehr während der Bauarbeiten besser fließen kann. Auszug aus seinem Schreiben:
„Ein weiterer Flaschenhals wird die Fußgängerampel zwischen Busbahnhof und Ambetbrunnen. Diese ist derzeit fußgängerfreundlich mit kurzen Wartezeiten geschaltet. Wenn permanent Fußgänger anfordern, was zu verkehrsstarken Zeiten gegeben ist, schließt sich an die Grünzeit für den Fahrzeugverkehr von 22 Sekunden eine Gelb- und Rotzeit von insgesamt 18 Sekunden an. Dies waren jedenfalls die gestern von mir gestoppten Zeiten. Zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit für den Fahrzeugverkehr schlage ich vor, den Fußgängern dort während der Bauphase Wartezeiten von etwa einer Minute zuzumuten, wie sie an signalisierten Kreuzungen üblich sind.
Die Fußgängerampel an der Einmündung Hauptstraße in den Ringverkehr wird weniger häufig von Fußgängern angefordert. Dennoch könnte man sich auch dort überlegen, die Mindestgrünzeit für den Fahrzeugverkehr zu verlängern.“
Verteilerring: Wird der Kreis den Hofheimern beistehen?
Torsten Kleipa hat auf seine E-Mail an Hessen Mobil keine Antwort erhalten. Deshalb hat er jetzt Hofheims Stadtspitze, einige Hofheimer Lokalpolitiker und auch Hofheim-News informiert. Er habe gehofft, schreibt er, dass seine Sachargumente überzeugen und von der Ampelsteuerung an der Rheingaubrücke abgesehen wird. „Denn diese Entscheidung ist vermutlich in Unkenntnis der vor Ort gegebenen Fahrbahnbreiten getroffen worden.“
Gestern sah er jedoch, dass Hessen Mobil mit den Vorbereitungen für die Verteilerring-Baustelle begonnen hat und eine Baustellen-Ampelanlage vor der Rheingaubrücke aufgestellt wurde. „Vermutlich waren die Leistungen zur Verkehrssicherung bereits ausgeschrieben oder gar schon vergeben und niemand hatte den Mumm, sich den Fehler einzugestehen“, mutmaßt Kleipa. „Oder die Staulängen innerhalb der Ortslage von Hofheim sind Hessen-Mobil in Wiesbaden gleichgültig.“
Impressionen vom Verteilerring kurz vor Start der Bauarbeiten
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Mit seinem Schritt an die Öffentlichkeit will er versuchen, Hessen Mobil zum Einlenken zu bewegen. Deshalb habe er auch die Kreisverwaltung eingeschaltet: „Gemäß Paragraph 10 der Verordnung zur Bestimmung verkehrsrechtlicher Zuständigkeiten ist eigentlich der Landrat die zuständige Behörde zur Anordnung der baustellenbedingten Verkehrssicherung auf der Bundesstraße.“ Der Kreis könne die Installation der Ampelanlage noch abwenden. „Im Interesse aller staugeplagten Verkehrsteilnehmer bitte ich Sie, dies zu tun“, heißt es in Kleipas Schreiben an das Landratsamt.
Der Mann wird so schnell nicht locker lassen: „Da ich mehrfach in der Woche über die Rheingaubrücke fahre, bin ich davon persönlich betroffen und ärgere mich darüber“, schreibt er. Deshalb überlege er, „die verkehrsbehördliche Anordnung im Rahmen einer Anfechtungsklage sowie eines Eilantrages vom Verwaltungsgericht in diesem Punkt prüfen zu lassen.“
Als Pensionär, so Kleipa, habe er die Zeit, sich damit zu beschäftigen.
Quelle: HN – Fotos: Torsten Kleipa, Raimund Rupp
Diese Engstelle wäre überhaupt nicht gegeben, wenn man die Verkehrsinsel am Ende der Rheingaubrücke vor der Hattersheimer Str. teilweise abgeräumt und für die Bauzeit asphaltiert hätte. So wären 2 Fahrspuren vorhanden, eine bergauf, eine bergab. Die von Herrn Kleipa durchgeführte Berechnung erscheint mir nicht zu berücksichtigen, dass dort Gelenkbusse fahren, die einen anderen Kurvenradius benötigen als Pkws. Deshalb hinkt auch der Vergleich mit der geraden Landstraße zwischen Hofheim und Kelkheim-Münster. Mit der Flaschenhalssituation allerdings hat er Recht. Wie der Busverkehr und die Haltestellen des Busbahnhofes geregelt wird ist bislang nicht kommuniziert worden. Ich bin gespannt auf die nächsten 2 Jahre (ggf. auch länger) und wie die Hofheimer samt Durchgangs-, Ziel- und Quellverkehr damit zurecht kommen.