Hofheim nach 100 Tagen Schultze: Nähe ja – Richtung unklar

Hofheim nach 100 Tagen Schultze: Nähe ja – Richtung unklar

Die berühmte 100-Tage-Schonfrist ist vorbei: Am 15. September übernahm Wilhelm „Willi“ Schultze die Amtsgeschäfte im Hofheimer Rathaus. Drei Monate Zeit, um anzukommen, Strukturen zu ordnen und erste Akzente zu setzen. Jetzt beginnt die Phase, in der nicht mehr erklärt, sondern bewertet wird. Die Schonfrist ist um – der richtige Moment für eine erste, kritische Bilanz. Ehrlich, nüchtern, fair – und eben ohne Schonung.

Ein Ereignis steht sinnbildlich für die bisherige Amtszeit von Wilhelm Schultze: Vor gut sechs Wochen veranstaltete die Lokale Agenda Hofheim (HLA21) eine Podiumsdiskussion. Thema: die Zukunft des städtischen Grundstücks an der Elisabethenstraße 3 (alte Stadtbücherei). Der frühere Bürgermeister von der CDU wollte dort zunächst ein Hotel errichten, nach Protesten aus der Stadtgesellschaft plante er den Neubau einer Musikschule und zahlreiche Büros.

Schultze sagte nun vor über 100 Zuhörerinnen und Zuhörern, er nehme die Bedenken der Menschen ernst. Und er kündigte eine umfassende, echte Bürgerbeteiligung an, die als Blaupause für künftige Großprojekte dienen sollte  – ein Vorbild für echten Mitwirkungsgeist in Hofheim.

Die Hofheim-News lobten ihn dafür: „Seine richtungsweisende Ansage könnte zu einem Leitmotiv seiner Amtszeit werden, die Orientierung und Engagement signalisiert.“

Im Rückblick zeigt sich jedoch ein anderes Bild: Schon damals dürfte der Bürgermeister die dramatische Haushaltslage gekannt haben – inklusive der Tatsache, dass Millionen in der Stadtkasse fehlen und viele Vorhaben finanziell kaum noch darstellbar sind. Ein Verkauf des Grundstücks gilt als nicht mehr ausgeschlossen.

Doch über diese prekäre Finanzlage der Kreisstadt verlor Schultze kein Wort. Stattdessen vermittelte er den Eindruck, alles könne wie bisher weiterlaufen.

Der Bürgermeister punktete mit Bürgernähe  – und verschwieg zugleich wesentliche Fakten.

Statt Klartext gab es Zuversicht, statt Offenheit Hoffnung.

Das Lob nahm er gern an.

Der Preis dafür: eine unvollständige Wahrheit.

Präsenz allein ersetzt keine Führung

Der stärkste Eindruck nach den ersten 100 Tagen: Schultze gibt sich offen, ansprechbar und sucht den Kontakt. Bürgernähe ist als Haltung erkennbar.

Hinzu kommt: Er hat ein schweres Erbe übernommen – leere Kassen, kaum finanzielle Spielräume, eine Stadt in der Haushaltskrise. Bislang vermeidet er, öffentlich darüber zu jammern – das ist wohltuend und verdient Anerkennung.

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Kleine Auswahl von Willi-Schultze-Fotos aus Rathaus-Mitteilungen.

Doch von einem hauptamtlichen Bürgermeister erwartet man nach drei Monaten mehr als freundliche Worte und Präsenz: Abläufe müssen greifen, Entscheidungen sichtbar sein, und eine strategische Linie zumindest in Umrissen erkennbar werden.

Bürgernähe ist kein Ersatz für Führung, und bloße Präsenz kein politisches Konzept. Betrachtet man Schultzes Kommunikation und sein Handeln in zentralen Fragen, verlieren die positiven Eindrücke der ersten 100 Tage deutlich an Gewicht.

Etat 2026 - die Bankrotterklärung politischer Führung 

Wer in der Krise führt, muss mehr tun, als sie stillschweigend zu verwalten. Nach 100 Tagen stellt sich vor allem die Frage: Ist Schultze bereit, unbequeme Wahrheiten offen anzusprechen  – und dann die Konsequenzen zu ziehen?

Eine klare Antwort darauf gibt es bislang nicht.

Über die volle Tragweite der Überschuldung informierte Schultze erst, als es nicht mehr anders ging – bei der Vorstellung seines Haushaltsentwurfs 2026 im Stadtparlament. Inhaltlich machte er es sich dabei erschreckend einfach: Er erhöhte die Grundsteuer um mehr als das Dreifache – und konnte so, schwuppdiwupp, einen ausgeglichenen Etat präsentieren.

Die Verantwortung schob er auf die ehrenamtlichen Stadtverordneten: Sie sollen Wege finden, Millionen an anderer Stelle einzusparen, möglichst ohne die Bürger über Gebühr zu belasten.

Das war Schultzes Botschaft an die Stadtpolitik: „Nun seht mal zu, wie ihr das regelt.“

Ein solches Vorgehen ist nicht mutig. Es ist dreist.

Es könnte als Bankrotterklärung politischer Führung gewertet werden.

Fragwürdige Personalentscheidung und Wahlmanöver

Schon in den ersten Wochen seiner Amtszeit sorgte Schultze für Stirnrunzeln: Obwohl die Stadtverordneten einen Einstellungsstopp beschlossen hatten, engagierte er eine frühere Kollegin aus Hattersheim als seine persönliche Referentin – inklusive hoher Vergütung. Die Personalie sollte wohl vertraulich bleiben – bekannt wurde sie erst durch einen Bericht in den Hofheim-News.

Transparenz, die er vor der Wahl großspurig angekündigt hatte? Offenbar optional…

Kaum war diese Personalie bekannt, ließ er sich auch noch von seiner Wählergemeinschaft „Bürger für Hofheim“ (BfH) als Spitzenkandidat für die Kommunalwahl im März 2026 aufstellen. Kritiker sprechen von „Wählertäuschung“: Ein Bürgermeister, der vorgibt, Stadtverordneter werden zu wollen, will seine Bekanntheit nutzen, um Stimmen für seine Wählergemeinschaft zu fischen.

Zwischen fragwürdigen Personalentscheidungen und zweifelhaften Wahlmanövern fragt man sich dann schon mal:

Führt Schultze Hofheim – oder vor allem sich selbst?

Schultzes Self-Promotion auf Kosten der Steuerzahler

Das Muster zieht sich durch die ersten 100 Tage: Schultze strahlt in jede Kamera, während die Stadt finanziell am Abgrund steht. Er macht da weiter, wo sein Vorgänger aufhörte: Die Öffentlichkeitsarbeit für den Verwaltungschef läuft auf Hochtouren. Fotos und Videos füllen das Internet, Mitarbeiter der Stadtverwaltung werden für die Inszenierung eingesetzt.

Im Rathaus wird darüber längst gespöttelt: „Willi will auf jeden Kindergeburtstag.“

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Zwei Wimmelbilder aus der Marketingabteilung des Bürgermeisters ...
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„Willi will auf jeden Kindergeburtstag“, lästern sie im Rathaus schon.

Überspitzt? Ja. Aber der Nerv ist getroffen. Und Fragen stellen sich: Wer finanziert eigentlich Schultzes mediale Dauerpräsenz? Ist das nicht Self-Promotion auf Kosten der Steuerzahler – gerade jetzt, wo der Stadtkasse Millionen fehlen?

Und jetzt mal ehrlich: Wäre es nicht höchste Zeit, die Kamera beiseitezuschieben und sich der mühsamen, aber unverzichtbaren Verwaltungsarbeit zu widmen?

Sympathie ist schön - aber ersetzt keine Führung

Nach 100 Tagen lässt sich festhalten: Wilhelm Schultze wirkt auf dem ersten Blick sympathisch, freundlich, dialogbereit und präsent.

Das ist keine Kleinigkeit.

Doch Sympathie ersetzt keine politische Führung. Hofheim steht vor enormen Herausforderungen  – finanziell, strukturell, politisch. 

Die Schonfrist ist vorbei. Jetzt zählt nicht das Image, sondern die Leistung. Es ist Zeit, dass Wilhelm „Willi“ Schultze im Rathaus ankommt:

Hofheims Bürgermeister muss endlich beweisen, dass hinter dem freundlichen Lächeln vor der Kamera mehr steckt als gute Bilder und wohlklingende Worte.

Unser Bild oben stammt aus dem ersten Video, das Wilhelm Schultze nach seinem Amtsantritt veröffentlichte. In den ersten 100 Tagen folgten rund zwei Dutzend weiterer Selbstdarstellungen.

HN/TR

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