Ausflugziel oder Anlageobjekt? Auch der Meisterturm steht jetzt zur Disposition

Ausflugziel oder Anlageobjekt? Auch der Meisterturm steht jetzt zur Disposition

Es ist ausgesprochen. Laut. Öffentlich. Den Meisterturm zu privatisieren – auch das steht jetzt zur Debatte. Das beliebte Waldrestaurant, seit sechs Monaten geschlossen, könnte schon bald an den Meistbietenden gehen. Verhökert, um die klamme Stadtkasse zu füllen. Was früher als Nonsens abgetan worden wäre, wird nun offen diskutiert. Von Hofheims Stadtspitze.

Der Ausgang ist bekannt: Die Stadt steht finanziell blank da – nackt und bloßgestellt. Nur mit einer irrwitzigen Erhöhung der Grundsteuer B konnte Bürgermeister Wilhelm Schultze am Mittwochabend einen „ausgeglichenen“ Haushalt vorlegen. Doch dass es damit nicht getan ist, war ihm selbst klar. Weniger ausgeben, mehr einnehmen – und wir reden hier nicht von ein paar Euro Kleingeld. Es geht um Millionen.

Die Strategie des hauptamtlichen Verwaltungschefs ist durchschaubar: Er schiebt die Verantwortung einfach weiter – sollen doch die ehrenamtlichen Stadtverordneten das Problem lösen.

Der Meisterturm gehört nun offiziell zur Verhandlungsmasse. Er reiht sich ein – neben Hof Ehry in der Kernstadt und dem Recepturhof in Wallau – in die Liste städtischer Gebäude, in die seit Jahren nicht investiert wurde. Das rächt sich doppelt: Die Häuser stehen leer, bringen kein Geld ein – und verfallen weiter.

Sanieren? Unbezahlbar. Und mit jedem Tag, der verstreicht, wird es noch teurer.

Wer soll diesen Albtraum bezahlen?

Meisterturm
Steht seit Monaten leer und gammelt vor sich hin: die Waldgaststätte Meisterturm auf dem Kapellenberg.

Dabei war der Meisterturm jahrzehntelang das beliebteste Ausflugsziel der Hofheimer. In den vergangenen Jahren stemmte dort das Pächter-Ehepaar Barbara und Markus König mit Können und Leidenschaft den Betrieb, baute eine weithin gelobte Küche auf – und wurde schließlich recht schnöde von der Stadt vor die Tür gesetzt. Die Pacht war abgelaufen. Hofheim-typisch versprach der damalige Bürgermeister große Pläne: alles neu, schöner, besser, größer.

Die Königs gingen – unter Tränen. Und dann passierte: nichts.

Seit sechs Monaten gammelt das Gebäude vor sich hin.

Meisterturm: Im Januar kommen Abrissbagger. Und dann?

Jetzt soll, wie letztens berichtet, der Abriss beginnen. „Im Januar“, sagt Erster Beigeordneter Daniel Philipp. In einem Internetvideo von Hofheim TV erklärt er, warum es plötzlich eilt: „Ansonsten ist das eine Ruine, die ist baufällig, da gibt es Probleme mit der Verkehrssicherheit.“

Und dann? Wie geht es weiter, wenn die Stadt kein Geld mehr hat?

Philipp sagt: „Wir sind im laufenden Betrieb.“ Wollten die Stadtverordneten die Planung stoppen, müssten sie einen entsprechenden Beschluss fassen: „Stopp – plant ein neues Gebäude nicht mehr weiter.“ Beispielsweise weil man überlege, „ob ein privater Investor oder Betreiber bauen könnte“.

Übersetzt heißt das: Die Verwaltung setzt um, was die Stadtverordneten beschließen. Beim Neubau einer Waldgaststätte ist die Beschlusslage allerdings alles andere als klar. Der Magistrat sprach wiederholt davon, nicht nur ein neues Restaurant, sondern auch ein „Haus des Waldes“ und ein „Haus der Michelsberger Kultur“ errichten zu wollen.

Bisher blieb es bei Worten und Papier: Alles größer, schöner – und natürlich teurer. Geld war angeblich genug vorhanden, also kein Problem.

Konkrete Pläne für den Meisterturm? Fehlanzeige. Wurden nie vorgelegt.

Nun also wird der Abriss vorbereitet – die Baugenehmigung liegt vor, wie die Hofheim-News letztens berichteten. Wie’s danach weitergeht: Keiner weiß es.

Das wäre jetzt eine neue Möglichkeit: Die Stadtverordneten ziehen die Reißleine. Und folgen dem impliziten Philipp-Plan: Grundstück verkaufen, Investor machen lassen. Oder Betreiber.

Haushalt Video Screenshot
Screenshot aus dem Video von Hofheim TV. Erster Stadtrat Daniel Philipp erklärt dem Mitarbeiter die prekäre Lage der Stadt. Ein Klick aufs Bild führt zum Youtube-Video.

Eines betont Philipp immer wieder: Es darf nicht länger gezögert werden. Das klingt angesichts der jahrelangen Untätigkeit der Stadtverwaltung fast kurios. Doch nun soll alles schnell gehen. Philipp: „Was auch immer die Stadtverordnetenversammlung beschließt – es muss schnell gehen, um weitere Kosten zu vermeiden.“

Ob das gelingt, werden die kommenden Wochen zeigen: Bis Anfang März bleibt den Stadtverordneten Zeit. Sie müssen Millionen auftreiben – oder es droht eine Explosion der Grundsteuer.

Klar ist aber auch: Verkäufe bringen nur kurzfristig Luft. „Das sind Einmaleffekte“, sagt Philipp. „Das reicht nicht lange.“

Sein Fazit klingt wenig tröstlich – und ein bisschen bitter: „Ich befürchte, die Krise wird noch ein bisschen andauern.“

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