Bürgerbeteiligung: Punkt für Willi – Hofheim soll mitreden dürfen
Die alte Stadtbücherei an der Elisabethenstraße 3 könnte zum Symbol für eine neue Politik des Mitredens in Hofheim werden. Bei einer Podiumsdiskussion im „Kino & Talk“-Format machte Bürgermeister Wilhelm „Willi“ Schultze ein klares Versprechen: Die Bürger sollen frühzeitig gehört werden – nicht erst, wenn die Bagger rollen. Ein Modellprojekt für echte Bürgerbeteiligung ist in Sicht. Auf vielfachen Wunsch: Hier ein Rückblick auf eine interessante Veranstaltung.
Punkt für Willi! So lässt sich kurz und knapp das Ergebnis der großen Podiumsdiskussion über mehr Bürgerbeteiligung in Hofheim zusammenfassen. Der Saal in der Stadthalle war voll bis auf den letzten Platz, die Stimmung der Besucherinnen und Besucher neugierig, kritisch, gespannt. Sie bekamen ein klares Signal: Bürgermeister Wilhelm „Willi“ Schultze versprach, dass es für die Zukunft des Grundstücks Elisabethenstraße 3 – der alten Stadtbücherei – echte Bürgerbeteiligung geben werde.
Ein Konzept existiert noch nicht, aber Schultze will es so planen, dass es künftig als Blaupause bei anderen Großprojekten dienen kann – ein Vorbild für echten Mitwirkungsgeist in Hofheim.
Seine richtungsweisende Ansage könnte zu einem Leitmotiv seiner Amtszeit werden, die Orientierung und Engagement signalisiert. Vorsicht bleibt allerdings geboten: Die Hofheimerinnen und Hofheimer haben in den letzten Jahren schon viele große Versprechungen von der Stadtspitze gehört, die nicht immer gehalten wurden. Schultze, noch ganz am Anfang seiner Bürgermeister-Karriere, wird sich an seinen Worten messen lassen müssen.
Die Vorgeschichte ist schnell erzählt: Elisabethenstraße 3 – das stattliche stadteigene Grundstück direkt gegenüber vom Rathaus – sollte ursprünglich für ein gigantisches Hotel verkauft werden. Dann platzte der Plan in die Öffentlichkeit: In einem Internetblog wurde darüber berichtet – prompt kam lautstarker Protest in der Stadtgesellschaft auf. Der damalige Bürgermeister ruderte zurück, veranstaltete ein Bürgerforum und versprach Bürgerbeteiligung. Doch schon bald der nächste Planwechsel: Statt Hotel sollten nun eine Musikschule und neue Büros entstehen. Das, behauptete der Bürgermeister, hätten die Stadtverordneten so beschlossen.
Der Mann wurde abgewählt – und „Willi“ kam. Inzwischen hatten einige Altstadtbewohner die „Interessengemeinschaft Eli3“ gegründet, kurz: IG Eli3. Ihre zentrale Forderung: Die Hofheimer Politik muss die Bürger mehr einbeziehen.
Unterstützung fand Eli3 bei der Hofheimer Lokalen Agenda (HLA), einer unabhängigen, parteipolitisch neutralen Bürgerinitiative, die sich seit fast 30 Jahren für ein nachhaltiges Hofheim engagiert. Für die Podiumsdiskussion stellte die HLA ihr Veranstaltungsformat „Kino & Talk“ zur Verfügung – passend für das Thema Bürgerbeteiligung.

Bürgerbeteiligung: Politiker müssen den Bürgern zuhören
Für 100 Besucher standen Stühle bereit – es kamen über 200. Ein deutliches Signal: Für weitaus mehr Menschen, als man vielleicht dachte, ist Bürgerbeteiligung ein großes Anliegen. Auf dem Podium, ausgezeichnet moderiert von Dr. Jörg Boysen, saß Dr. Anne Pollok-Müller von der Eli3. Ihre Kernbotschaft, zuvor in einem Gastbeitrag in den Hofheim-News ausführlich vorgestellt, brachte sie auf den Punkt: „Hofheim braucht eine echte Bürgerbeteiligung.“ Umfassende und frühzeitige Information sei dafür notwendig, und zwar „nicht erst, wenn die Bagger rollen“. Und: Räume für offene Diskussion und Auseinandersetzung brauche die Stadt.
Aus der Stadtpolitik war Armin Thaler, CDU-Mann und stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher, gekommen. Er überraschte mit einem ungewöhnlich offenen Geständnis: „Wir Politiker haben Bodenhaftung verloren und sind von den Bürgern zu weit weggerückt.“
Die Politik müsse wieder stärker auf die Menschen hören, betonte Thaler. Mit einem klaren Hinweis auf sich selbst und seine Kollegen ergänzte er: „Wir müssen uns entwickeln.“ Applaus! Später sagte er, dass er viele Anregungen bekommen habe, die er in seine politische Arbeit mitnehmen werde. Noch einmal Applaus!
Mitten im Geschehen: Bürgermeister Wilhelm „Willi“ Schultze. Er erinnerte zunächst daran, dass die Souveränität über Entscheidungen bei den gewählten Volksvertretern liegt: „Bürgerbeteiligung heißt keineswegs Bürgerentscheidung.“ Gleichwohl müssten die Stadtpolitiker begreifen, dass sie den Bürgern viel mehr zuhören müssen. Beteiligung müsse neu gedacht werden – sie dürfe nicht länger auf einen einzigen Informationsabend reduziert werden.
Locker, fast flapsig merkte er zwischendurch an, dass er die Bürger noch gar nicht dazu befragt habe, ob er überhaupt eine Bürgerbeteiligung durchführen dürfe – ein Scherz mit einem Körnchen Wahrheit, weil er die Komplexität des Themas deutlich machte. Danach legte er jedoch nach: Gleich zweimal versprach er an diesem Abend, dass es für die Zukunft des Grundstücks Elisabethenstraße 3 eine echte Bürgerbeteiligung geben werde.
„Hier sind so viele Menschen, die sich einbringen wollen. Das ist ein Reichtum, den wir nutzen müssen“, sagte Schultze. Und das ist sein Plan – und jetzt auch sein Auftrag: ein Modell für Bürgerbeteiligung zu entwickeln, das nicht nur einmalig ist, sondern sich auch auf andere Projekte übertragen lässt.
Quelle: HN / TR

