Gesund mit Felix (3): Wenn’s innen am Knie sticht – und das Gelenk nicht schuld ist
Die Gesundheitskolumne von Felix Kammerlander (Folge 3)
Knieschmerzen gehören zu den häufigsten Beschwerden im Alltag. Schnell kommt der Gedanke: „Mein Knie ist kaputt!“ Vielleicht liegt eine Arthrose, ein Meniskusschaden oder eine Sportverletzung vor. Doch nicht immer ist das Gelenk selbst die Ursache. Schmerzen an der Innenseite des Knies, etwas unterhalb des Gelenks, haben oft eine ganz andere Ursache. Sie machen einen erheblichen Anteil der „Knieprobleme“ aus. Die Erklärung für diese spezielle Symptomatik kann dir nicht nur Klarheit, sondern auch Beruhigung geben.

Unterhalb der Innenseite des Knies treffen sich drei Muskeln: der Musculus Sartorius, der Musculus Gracilis und der Musculus Semitendinosus. Sie setzen dort gemeinsam an einem Sehnenpunkt an, der den etwas ungewöhnlichen Namen Pes anserinus trägt, was übersetzt „Gänsefuß“ bedeutet – weil die Form an die Spreizung einer Gans erinnert.
Wenn es in diesem Bereich zu einer Überlastung oder Reizung kommt, entsteht häufig ein scharfer, stechender Schmerz, der leicht mit einem Knieproblem verwechselt wird. Für Betroffene fühlt es sich so an, als käme der Schmerz direkt aus dem Gelenk. Doch bildgebende Verfahren wie MRT oder Röntgen zeigen oft nichts Auffälliges – und genau das sorgt bei vielen für noch mehr Verunsicherung.
Typische Situationen & Ursachen
Eine Reizung des Pes anserinus entsteht häufig durch Über- oder Fehlbelastung. Typische Auslöser sind:
- Sportliche Belastungen, etwa Joggen, Treppensteigen oder Bergablaufen.
- Einseitige Bewegungen oder langes Sitzen, die die Sehnenansätze unter Stress setzen.
- Fehlstellungen, zum Beispiel ein nach innen fallendes Fußgewölbe (Senkfuß), das die Belastung auf die Innenseite des Knies verstärken kann.
- Ungünstige Technik bei Bewegungen, etwa beim Laufen oder Heben.
Das Resultat ist ein Reizzustand an den Sehnenansätzen – und damit Schmerzen, die sich „wie Knieschmerzen“ anfühlen, ohne dass das Gelenk selbst betroffen ist.
Selbsttest: So kannst du dir Orientierung verschaffen

Dieser Hinweis ersetzt natürlich keine Diagnose. Es gibt jedoch einfache Möglichkeiten, mit denen du selbst prüfen kannst, ob deine Beschwerden von den Sehnenansätzen kommen könnten:
- Abtasten: Fühlst du an der Innenseite, knapp unterhalb deines Knies, eine druckempfindliche Stelle?
- Verhärtungen: Spürst du verspannte oder knotenartige Stellen entlang der Muskeln Sartorius, Gracilis oder Semitendinosus?
- Schmerzreaktion: Verstärkt sich der bekannte Schmerz, wenn du genau dort Druck ausübst?
Wenn du eine oder mehrere dieser Fragen mit „Ja” beantwortest, ist es möglich, dass deine Schmerzen vom Pes anserinus und nicht vom Kniegelenk selbst stammen. Diese Erkenntnis kann sehr beruhigend sein, insbesondere, wenn du dich fragst, warum ärztliche Untersuchungen bisher keine klare Ursache ergeben haben.
Warum MRT & Co. oft nichts zeigen
Viele Patienten sind irritiert, wenn bildgebende Verfahren wie MRT oder Röntgen unauffällig bleiben, sie aber reale Schmerzen haben. Der Grund ist einfach: Diese Verfahren zeigen vor allem Knochen, Knorpel und Gelenkstrukturen. Sehnenreizungen oder muskuläre Spannungen sind darauf oft gar nicht sichtbar.
Das bedeutet jedoch nicht, dass keine Erkrankung vorhanden ist, sondern lediglich, dass es sich um ein funktionelles Problem handelt, das nicht automatisch in den Bildern sichtbar wird.
Osteopathie: Den Körper im Zusammenhang sehen
Ein wichtiger Gedanke aus der Osteopathie ist, dass der Körper als Ganzes betrachtet wird. So kann ein Schmerz an der Innenseite des Knies beispielsweise im Zusammenspiel mit Muskeln, Sehnen, Bändern oder sogar Fußstellungen entstehen.
Osteopathische Ansätze beschäftigen sich genau damit. Zusammenhänge erkennen, erklären und mit manuellen Techniken behandeln.
Fazit
Knieschmerzen sind nicht gleich Knieschmerzen. Gerade an der Innenseite, knapp unterhalb des Gelenks, steckt häufig eine Reizung des Pes anserinus, also des Sehnenansatzes dreier Muskeln, dahinter. Wenn du dort Druckschmerz oder Verhärtungen spürst, kann das die Ursache deiner Beschwerden sein.
Dieses Wissen nimmt oft die Sorge, dass sofort ein „kaputtes Knie“ vorliegt, und hilft dir, deine Symptome besser einzuordnen.
© Felix Kammerlander / Praxis Angewandte Osteopathie
Der Autor

Felix Kammerlander hat Osteopathie studiert und betreibt seit acht Jahren die Praxis Angewandte Osteopathie in Marxheim. Ab sofort erscheint hier regelmäßig seine Kolumne „Gesund mit Felix” mit Gesundheitsinformationen und präventiven Tipps - eine verlässliche Anlaufstelle für Ratschläge zur Vorbeugung, Schmerzbewältigung und für einen ausbalancierten Körper. Viel Freude beim Lesen und Ausprobieren neuer Wege zu mehr Wohlbefinden!